Armutszeugnis

Seit fünf Jahren ist der neue Vorstand unserer Ehemaligen-Vereinigung in Amt und Würden – und dennoch dreht sich fast die Hälfte des Protokolls zur letzten Jahreshauptversammlung noch um den alten, speziell um mich.

Zwar könnte mich das einerseits stolz machen, doch ich halte es eher für ein Armutszeugnis. Fällt denen, die seinerzeit mit viel Tamtam angetreten sind, unsere Vereinigung von einem “selbstherrlichen” Vorsitzenden zu befreien, tatsächlich nichts besseres ein, als der Versuch, Kritiker mundtot zu machen und notwendige Kritik durch Spitzfindigkeiten (“alternativ gestellte Anträge können nicht abgestimmt werden”) ins Lächerliche zu ziehen?

Ein wenig erinnert mich das an die bigotten Bemühungen der früheren DDR, sich zwar mit den “passenden” Werken Friedrich Schillers zu schmücken, die ungeliebteren aber gar nicht erst zuzulassen. Ich denke dabei an “Don Carlos” und eines der bekanntesten Zitate daraus, das ich ebenfalls als Überschrift dieses Artikels hätte wählen können:

“Sire, geben Sie Gedankenfreiheit!”

Nicht die Unterdrückung kritischen Gedankenguts zeichnet fortschrittlich Handelnde aus, sondern der selbstkritische Umgang damit. Wäre schön, wenn “unser Vorstand” dies endlich auch auf seine eigene Fahnen schreiben würde.

PS! Der vorstehende Artikel ist natürlich kein Angriff auf den aktuellen Vorstand, sondern ein Verbesserungsvorschlag.